Oregon 95

Tag 6: (7.9. Donnerstag)

3. Tag im Auto:

Wir starten ausserprogrammässig den zweiten Versuch den Mt. St.Helens zu sehen. Zuerst besuchen wir am Morgen ein kleines Café um Donuts zu essen. Auf der Theke stehen zwei grosse Thermoskrüge und die Besitzerin fordert uns auf uns selbst zu bedienen. Die Donuts schmecken herrlich, nicht zu süss, mit ein wenig Puderzucker obendrauf, genau wie sie sein sollen. Frisch gestärkt gehts in die kleine Bank auf der anderen Strassenseite um einige American Express Traveller Checks einzulösen. Anschliessend zum Postamt, wir brauchen ja immer noch 50 Cts. Briefmarken für unsere Postkarten.

Tagesetappe: 184 Meilen (ca. 307km)

Der Routenplaner ab CD-ROM bietet leider nicht alle schmalen Strässchen in den dichten Wäldern südlich des Vulkans an (Route provisorisch schwarz nachgezeichnet). Wir fahren zuerst von Bingen (1) am Nordufer des Columbia River zurück bis Carson (2) wo die National Forest Road nach Norden abzweigt. Von nun an geht die Fahrt durch dunkle Wälder und wir gewinnen zunehmend an Höhe. Auf der halben Strecke biegt eine holperige Kiesstrasse (diese fehlt auf der CD-ROM) nach links ab und führt hinunter in ein Flusstälchen wo wir nach einer kleinen Brücke wieder auf eine befestigte Waldstrasse treffen. Nach einem kurzen Zwischenhalt fahren wir weiter in Richtung Mt. St.Helens. Nachdem wir einen Bergkamm überqueren stehen wir plötzlich vor schwarzen, verbrannten Tannen.

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Wir haben den äusseren Gürtel der Zerstörung durch den Vulkanausbruch erreicht. Die verbrannten Bäume erstrecken sich auf einer Breite von ca. einem halben Kilometer. Dann finden wir nur noch am Boden zerschmetterte graue Baumreste vor. Die entwurzelten Stämme liegen alle in der gleichen Richtung am Boden. Sie wurden von der unvorstellbaren Wucht der Explosion umgeblasen. Die Experten nennen dieses Gebiet "Blasting Zone". Wir fahren meilenweit über weitere Bergkämme und finden überall nur noch umgefegte Baumreste. Erst jetzt wird und das gewaltige Ausmass der Vulkanexplosion bewusst. Man muss sich vorstellen, dass auf einer Distanz von 30km kein einziger Baum mehr steht. Diese "Blasting Zone" umfasst ein Gebiet von über 150'000 Acres was einer Fläche von ca. 300 km2 entspricht. Wir fahren hinauf bis auf eine Höhe von fast 2000 müM. Obwohl die ganze Gegend mit Ascheresten und porösem Vulkangestein überdeckt ist, wachsen bereits wieder überall Pflanzen. Vor allem die übergrossen Heidelbeeren, welche sehr gut schmecken, überraschen uns doch. Die Natur hat begonnen sich selbst wieder zu regenerieren. Die zum Teil durch Nebelschleier verhangene Aussicht ist doch sehr beeindruckend und die Anschaffung der Panasonic Panorama-Kamera macht sich bezahlt. Überall stehen Tafeln, die darauf hinweisen, dass jegliches Entfernen von Steinen als Souvenir verboten ist. Sie sind fast so leicht wie Styropor. Als der Nebel für einen kurzen Moment aufreisst, gibt er von der "Windy-Ridge" einen Blick frei auf den zum grossen Teil mit toten Bäumen aufgefüllten "Spirit-Lake" wo früher eine bekannte Ferien-Lodge stand. Der Besitzer (der fast 80 jährige Henry Truman), welcher sich weigerte vor dem Vulkanausbruch evakuiert zu werden, verschwand beim Ausbruch mitsamt der Lodge spurlos unter den unvorstellbaren Fels und Aschebergen. Leider herrscht wieder keine gute Aussicht auf den Krater weil Wolken und Nebelschwaden die Sicht versperren. Wir fahren auf dem gleichen Weg zurück nach Carson, wo wir gegen Abend ein kleines Haus mit der Neonschrift "MOTEL, Vacancy" finden. Da wir nichts anders finden, versuchen wir es hier. Es stellt sich heraus, dass die Zimmer sich nicht in diesem Haus befinden, sondern in separaten kleinen Häuschen, welche sehr romantisch eingerichtet sind. Selbst eine kleine Küche ist vorhanden. Die Besitzerin erklärt uns, dass wir überhaupt nichts abzuschliessen brauchen, da es im ganzen Städtchen absolut keine Kriminalität gäbe und alle Leute ihre Häuser und Autos offen lassen weil die jeweiligen Nachbarn zum Rechten sehen. Als ich trotzdem unser Mietauto abschliesse ist sie fast ein wenig beleidigt. In den kleinen Bungalows ist Rauchen nicht erlaubt.

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